Mit „Prussian Blue“ und „Daisuki“ fing 2003 alles an. Seither hat Christina Plaka nicht nur zahlreiche Manga-Reihen veröffentlicht, sondern nebenbei noch ein Magister-Studium – Manga-Studien an der Seika University in Kyoto – absolviert und im vergangenen Jahr eine eigene Manga-Schule eröffnet. Damit ist sie ohne Zweifel eine wahre Pionierin auf dem deutschen Manga-Markt.
Rückblickend auf die Jahre von 2003 bis heute hat das Genre Manga eine unglaubliche Entwicklung durchlebt. Was hat sich seither auf dem deutschen Markt getan?
CP: In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren eine ganze Menge: Neben der erfolgreichen Veröffentlichung vieler außergewöhnlicher internationaler Beststeller-Manga hat die Themenvielfalt auf dem deutschen Manga-Markt stark zugenommen. Wir haben eine viel größere Auswahl an Genres, die nicht nur die zwei größten (etwa romantischere Shojo und actionreiche Shonen) abdeckt, sondern mittlerweile auch Manga für Kinder, Erwachsene oder auch Manga aus deutscher Feder, die in Deutschland spielen. Letzteres finde ich in seiner Entwicklung am spannendsten!
Werden Manga heute anders wahrgenommen?
CP: Das kann in der Tat sein – vor allem die Wahrnehmung deutscher Manga hat sich stark verändert. Noch vor fünfzehn Jahren war es für deutsche Mangaka unvorstellbar einen Manga nicht in Japan sondern in Deutschland spielen zu lassen oder seine Charaktere Hans oder Christoph zu nennen. Heutzutage sehe ich gespannt zu, wie sich das Bewusstsein und das Interesse ändert – vom germanophoben Manga hin zu einem germanophilen Manga aus deutscher Feder. Das ist eine gute Entwicklung – warum vom eher Unbekannten erzählen?
Wie unterscheiden sich Manga in Deutschland heute von solchen der Anfangsjahre?
CP: Sie unterscheiden sich zum einen in ihrer Genrevielfalt – auch von den internationalen Publikationen aus Frankreich oder Amerika. Außerdem sind heute Themen wie Crime und Social Media so stark wie nie in Manga vertreten – aber diese Themen scheinen gerade einfach sehr in zu sein.
Du trägst mit Deinen Themen und Schauplätzen (deutsche Kleinstädte, Sportvereine, etc.) sehr zu dieser Entwicklung bei. Worauf achtest Du besonders im Hinblick auf die deutschsprachige Zielgruppe?
CP: Ich möchte in erster Linie Geschichten erzählen, mit denen sich deutsche Leser identifizieren können. Vor allem gefällt es mir, Geschichten zu zeichnen, die für Mädchen und Jungs gleichermaßen interessant sein können. Ich bin kein großer Freund der strikten Gendertrennung.
Kannst Du uns ein Beispiel nennen?
CP: Wenn meine Protagonisten aus GoForIt!, allesamt Oberstufenschüler, über die Schule reden, reden sie über das Abi, Schwierigkeiten im Unterricht, so wie deutsche Schüler es aus ihrer Schule bzw. Schulzeit kennen. Meine Geschichte ist in dem Sinne für deutsche Leser verständlicher und die Leser können sich einfacher mit den Protagonisten identifizieren. Japanische Schüler haben da ein anderes Schulsystem, das nicht ganz dem deutschen ähnelt.
Gerade Eltern haben nicht selten Vorbehalte. Kannst Du nachvollziehen, warum sie einige Manga nicht gern in den Kinder- und Jugendbuchabteilungen unserer Buchhandlungen sehen?
CP: Ja, manchmal kann ich die Vorbehalte nachvollziehen – nicht immer, aber doch vereinzelt sind einige Inhalte von Manga ziemlich gewalttätig oder erotisch angehaucht. Da schaut man aber von Verlagsseite aus, dass auch immer eine Altersbeschränkung auf dem Buchcover zu sehen ist oder die Bücher verschweißt in der Buchhandlung ausliegen.
In welcher Umgebung siehst Du (Deine) Manga?
CP: Meine Manga sind eher an Jugendliche oder junge Erwachsene gerichtet. Man kann meine Bücher auf jeden Fall ohne Vorbehalte lesen! Und sie sind in der Jugendbuchabteilung richtig platziert. Ein großer Teil meiner Bücher ist sogar eher eine Art Stilmix aus westlichem Comic und Manga, wie die Graphic Novel „Kimi he“ (Carlsen), für die ich ausschließlich nur Bleistiftzeichnungen und keine Sprechblasen verwendet habe.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
CP: Ich habe nur einen Wunsch: Manga(zeichnen) in seiner gesamten Vielfalt und seinem Reichtum an die deutschen Jugendlichen zu bringen und ein starkes Bewusstsein für den Manga zu etablieren, weg von Vorurteilen oder falschen Vorstellungen. Manga soll im besten Falle zukünftig wie in Japan auch in Deutschland ein Bestandteil der Alltagskultur werden. Und wir sind bereits auf dem besten Weg dahin!
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Fotocredit: Christina Plaka